Astrid Schilcher
Rehabilitierung der WARUM-Frage
Updated: Dec 10, 2019

Die Warum-Frage hat einen schlechten Ruf, viele Verkaufstrainer trichtern ihren Schützlingen sogar ein, sie zu meiden wie der Teufel das Weihwasser – zu unrecht, wie wir meinen.
Die Begründung, von der Frage nach dem Warum Abstand zu nehmen, lautet meist, dass Kunden sich durch sie angegriffen und zu einer Rechtfertigung genötigt fühlen. Darin steckt zweifellos ein Teil Wahrheit, vor allem, wenn die Frage unglücklich formuliert wird. Stellen wir uns vor, Sie verkaufen Automatisierungslösungen und ihr potenzieller Kunde erzählt Ihnen, dass die gemischte Palette seiner top Marmeladesorten händisch zusammen sortiert wird. Seien wir ehrlich, Sie fragen sich natürlich nach dem Grund dafür und würden gerne fragen: „Warum machen Sie das heutzutage noch per Hand, vor allem angesichts der Personalkosten?“
Wenn Ihnen ein Verkaufstrainer jetzt sagt, dass ihr Kunde das als Kritik an seiner Entscheidung auffassen und sich zu einer Rechtfertigung gedrängt fühlen könnte, hat er Recht. Wenn das Fazit daraus allerdings lautet, dem Warum nicht auf den Grund zu gehen, dann wollen wir an dieser Stelle heftigen Einspruch erheben. Warum? Ganz einfach, ohne die Hintergründe und Beweggründe ihrer Kunden zu verstehen, können Sie weder ehrlich beraten noch Überzeugungsarbeit leisten.
Nehmen wir an, besagter Verkäufer hinterfragt das Warum nicht und interpretiert stattdessen, dass sein Zielkunde noch nie die Kosten einer Automatisierungslösung den Personalkosten gegenüber gestellt hat. Er rechnet ihm Amortisationsdauer und Ersparnis vor, erntet aber nur Einwände und kommt letztlich nicht zum Abschluss. Hätte er hingegen gefragt: „Das ist heutzutage eher ungewöhnlich, aber Sie haben sicher einen guten Grund dafür. Erzählen Sie mal, warum Sie sich für diese Variante entschieden haben?“, hätte er wertvolle Information über die Entscheidungskriterien seines Gegenübers und damit Basis für seine Überzeugungsarbeit gewonnen.
Was immer dahinter steckt (soziale Gründe; die Sorten in der gemischten Palette wechseln monatlich, was bei allen bisher betrachteten Lösungen aufwendige Umprogrammierungsarbeiten verursachte; bei Robotern nur Bilder von bösen Terminators im Kopf; etc.), ohne ehrliches Interesse an der Gedankenwelt unserer Kunden aufzubringen und Entscheidungshintergründe zu durchleuchten, wird jede Verkaufsberatung scheitern und folglich der Abschluss ausbleiben.
Haben Sie daher keine Scheu davor, dem Warum auf den Grund zu gehen. Achten Sie nur darauf, ihre Frage so zu formulieren, dass sie Interesse anstatt Kritik ausdrückt. Sie werden mit wichtiger Information und interessanten Gesprächen belohnt.
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